Vorlesen ist die Mutter der Bildung

“Vorlesen ist die Mutter des Lesens”

 

Quelle: Wikipedia, Goethe.Gif (allgemeinfrei)

Vorlesen gilt als der Schlüssel zur Bildung. Es regt die Phantasie an, fördert die sprachlichen Fähigkeiten und das Denkvermögen, erweitert das Wissen und öffnet Horizonte. Das steigert auch die Lebensqualität der Kinder.

Darüber hinaus ist das Vorlesen für die Förderung der emotionalen Intelligenz wichtig. Es befähigt dazu, sich in andere hineinzudenken, Gerechtigkeitssinn zu entwickeln und ermöglicht es auch, Gefühle nachzuvollziehen.

Vorlesen ist der Grundstein für die Leselust – oder wie schon Johann Wolfgang von Goethe sagte: “Vorlesen ist die Mutter des Lesens”.

Lesen können ist die wichtigste Kulturtechnik, noch vor Schreiben und Rechnen, die für das (Sozial)- Leben von essentieller Bedeutung ist. Gleichzeitig ist die Fähigkeit zu Lesen ein immaterielles Kulturgut wie Musik oder Theater.

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Vorlesen – interaktiv und mit allen Sinnen

Unter INTERAKTIV verstehe ich meine Reaktion auf den ständigen Perspektivenwechsel mit dem Kind, seinem momentanen Horizont und seinen innerlichen Bildern – hier hole ich die Kinder ab!

MIT ALLEN SINNEN nutze ich zum Vorlesen …. und dem Zuhören der Kinder, die Sinne Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten, Fühlen und Körperbalance. Die Kinder können dadurch besser ihr Innen und Außen aufnehmen.

Durch den Einsatz aller unserer Sinne begreifen wir überhaupt erst das, was uns umgibt und wir können die Sinne schärfen und verändern – Lernen. Hier erhalten Kinder “Bilder und Regeln”, welche sie nachher erst in die Lage versetzen mit Texten, Kultur usw. umzugehen.

“Vorlesen
inter-aktiv und
mit allen Sinnen”

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Die Welt der Kinder und die der Erwachsenen ist unterschiedlich

Die Welt der Kinder und die der Erwachsenen ist unterschiedlich!

 

Und ein flüchtigen Augenblick lang begriff er das ewige Jetzt der Kindheit, die unaufhörliche Gegenwart, der wir schließlich entkommen und die wir nie mehr wiederfinden. Wir leben neben diesen geheimnisvollen Wesen, die  in einer anderen  Zeitzone angesiedelt sind, die unsere Tage teilen und sie mit uns durchlaufen, aber deren Art zu sehen die von Außerirdischen ist: anarchisch, unbestechlich und unbegreiflich . Wir sprechen mit Ihnen unsere Sprache,  zwingen ihnen unser Ansichten auf, und dabei sind sie die ganze Zeit im Zustand  ursprünglicher Harmonie mit der physischen Welt: Sie wissen nichts  und sehen alles. Sie kreisen mit unserem Planeten, wachen  und schlafen; ihre Zeit ist die eigentliche Zeit, noch nicht mit Bedeutung befrachtet

 

Deshalb denken Sie bitte daran beim Vorlesen!

Quelle: Der Lesemann: “vor ca. 15 Jahren hatte ich mir diesen Absatz einmal aus einem Buch herauskopiert (Titel und Autor kann ich nicht mehr sagen) und da er mich damals sehr betroffen machte, muss ich ihn an dieser Stelle unbedingt mit allen Lesern “teilen”.”

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LESEN MACHT STARK !

Ein Rezeptbuch zum Thema “Wie wir unsere Kinder für Bücher und Geschichten begeistern”

Quelle: eigene Aufnahme, Cover mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlages (Link über den folgenden Screenshot)

Buchtext Vor-/Rückseite mit Mausklick öffnen/vergrößern

Dieses Buch aus dem Rowohlt Verlag wurde mir von meiner Lieblingsbuchhändlerin in Koblenz letztes Jahr im Oktober sehr ans Herz gelegt, da sie weiß, dass ich mich auf dem Gebiet der Leseförderung engagiere. ISBN 978-3-499-00464-3

Also gab ich diesen Tipp gleich an meine Frau für meinen Wunschzettel zu Weihnachten weiter. Und welche große Freude und Überraschung, als es vier Monate später unter dem Weihnachtsbaum lag! Überraschung deshalb, weil ich diese Buchempfehlung schon wieder vergessen hatte.

Der erste Eindruck: Das Cover wirkt auf den ersten Blick ein wenig düster auf mich- das hell erleuchte Zelt mit dem lesenden Kind hatten meine Augen nicht sofort wahrgenommen- aber beim Durchblättern ( das mache ich grundsätzlich bei jedem neuen Buch ) wurde ich durch die vielen bunten Buchtitel und die zwar unterschiedlichen aber gleichzeitig sehr ansprechenden Stilrichtungen der vier Illustratoren, wieder „entschädigt“. Auch empfinde  ich die Farbe Orange für die vorgestellten  Buchtitelempfehlungen als sehr angenehm beim Lesen

Zum Inhalt:  Obwohl Frau Kirsten Boie nicht zu den Autorinnen gehört, ist ihr Vorwort sehr überzeugend. Ihr Vorwort ist für mich ein leidenschaftliches Plädoyer für die Bedeutung des Lesens, das ja ein immaterielles Kulturgut ist wie Musik und Theater. (siehe auch das Interview mit Frau Boie hier)

Und was die wenigsten wissen, sogar die  wichtigste Kulturtechnik, noch vor Schreiben und Rechnen, die für das( Sozial-) Leben von essentieller Bedeutung ist.

Frau Kirsten Boie schreibt begeistert, warum das Lesen so wichtig für die geistige, emotionale  sowie soziale Entwicklung der Kinder ist. Und dass es in der Verantwortung der Eltern liegt die Begeisterung für Bücher bei den Kindern zu wecken, die so groß sein sollte, dass sie mit der für digitale Medien Schritt hält.

Die Aufteilung in fünf Kapitel, die sich mit dem Lesen und dem Buch beschäftigen, ist eine logische und konsequente, entsprechend der Altersentwicklung eines Kindes. Und es fängt nicht mit der Einschulung in die Grundschule, sondern zur großen Überraschung bereits während der Schwangerschaft an (Kapitel Eins)Und hört mit den Buchempfehlungen für Teenager auf (Kapitel Vier)

Den in den Kapitel Nr.1-4 empfohlenen Büchern werden immer kurze Abschnitte mit Erklärungen und Tipps vorangestellt, die sich rund um das Alter der Kinder, deren eigene Welt, deren Interessen, deren Sorgen, deren Gefühle usw. drehen. Und diese unterscheiden sich grundsätzlich von denen der Erwachsenen.

Ein Sahnehäubchen sind die im letzen Kapitel (Nr. Fünf)“ Noch mehr Bücher“ ausgesprochenen Buchempfehlungen nach Themen und Lesestufe sortiert.

Kurz vor Fertigstellung dieser Rezension erreichte mich die Nachricht, dass mein Enkelkind David in London mit 6 Wochen seine Geburtsturkunde erhalten hat.

Mit der Aushändigung dieses Dokumentes erhielt mein Sohn zur großen Überraschung auch eine hübsche Tasche mit tollen  Büchern und Liedertexten von der Charity Organisation „Book Trust“ (siehe Photo) überreicht. Man kann an dieser Aktion erkennen, welche große und wichtige  Bedeutung das frühzeitige Vorlesen bereits im Babyalter in Großbritannien hat.

Wie sagte doch Johann Wolfgang von Goethe:
„Vorlesen ist die Mutter des Lesens“

 

Fazit: Dieses Buch sollte unbedingt in jedem Elternhaus einen Platz haben.
Und zwar nicht im Bücherregal, sondern es muss einfach „ herumliegen“ um
jederzeit für jedes Familienmitglied griffbereit zur Verfügung zu stehen.
Erst dann führt „Lesen macht stark“ zum Erfolg.

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Das Vorleserezeptbuch – heute: Das Märchen von den “Sieben auf einen Streich”

Das Vorleserezeptbuch – heute:
Das Märchen von den “Sieben auf einen Streich” 

Man nehme dazu:

– Ein Märchenbuch und z.B. die Geschichte vom tapferen Schneiderlein.

– Einen  Klassenraum in dem die Stühle im Halbkreis aufgestellt sind.

– Sowie folgende Zutaten:

Einen Stein (an diesem können speziell die Jungens Ihre Kräfte messen) der in eine Kinderhand passt, ein getöpfertes Gefäß (gefüllt mit Pflaumenmus) dazu genügend Plastiklöffel für alle Zuhörer sowie einen selbstangefertigten Gürtel mit der Aufschrift:“ SIEBEN AUF EINEN STREICH“ den ein Schüler tragen darf (wenn vorhanden: 7 Plastikfliegen)  

 

Für wie viele Kinder ?: 10-20 

Passt gut zu: Kinder aus der 4. Klasse, die z.B. das Projekt: Deutsches Kulturgut Märchen behandeln

Empfohlene Vorlesezeit: Eine volle Schulstunde ca. 45-50 Minuten.

Schwierigkeitsgrad: mittel

Spannungsgehalt : aufregend

Allergien: keine bekannt!

 

“Das tapfere Schneiderlein” – Illustration nach dem Märchen der Gebrüder Grimm, von Alexander Zick (1845 – 1907)

Quelle: Alexander Zick, Public domain, via Wikimedia Commons

Zubereitung: Zunächst werden die Kinder auf das Thema moderne Helden eingestimmt und z.B. die Frage gestellt, wer denn z.B. Superman, Spiderman oder Batman  kennt.Und was die den so alles Besonderes können und warum sie so toll sind?  Im Anschluss dann den Kindern erzählen, dass es vor ganz vielen, vielen Jahren, ja sogar tausenden von Jahren auch schon solche Helden ( Hexen, Zauberer, Riesen etc) gab, die ähnliche Superkräfte/Zauberkräfte besaßen und von denen es sogar heute  Filme von Walt Disney gibt: Cinderella (Aschenbrödel) oder „Frisch geföhnt“ ( Rapunzel ) sowie „Die Eiskönigin“ und natürlich „Schneewittchen und die 7 Zwerge“.

Dann sollte der Vorleser*in versuchen eine Brücke zu schlagen in dem er erzählt, dass es auch schon damals Menschen gab, die sich nicht haben einschüchtern lassen bzw. keine Angst hatten von der Größe oder von den Zauberkräften solcher Figuren, sondern die durch Schlauheit, List und Mut diese sogar besiegen konnten und dafür am Ende eine Belohnung bekamen.

Ehe alle Zutaten vermischt werden wird der Backofen „vorgeheizt“ d.h. der Spannungsbogen wird noch  zusätzlich erhöht indem man die Kinder durch eine motorische Übung versucht  aus der Realen- in die Märchenwelt abzuholen. Die Kinder werden nämlich aufgefordert sich alle auf den Boden zu setzten.

Hierbei ist zu beobachten, dass  die Kinder ganz unterschiedliche Sitzpositionen einnehmen. Es werden auf alle Fälle immer ein paar im „Schneidersitz“ sitzen. Fragt man nach, ob es für diese Sitzposition auch vielleicht einen Namen gibt so antworten in der Regel die Kinder zur großen Überraschung mit: Schneidersitz! Fragt man sie dann weiter, was der Schneider denn so macht, erhält man meistens noch eine richtige Antwort. Aber bei der Frage, warum sitzt der Schneider den so, gibt es keine Erklärung mehr. Hier kann  man schön als Vorleser ansetzten und die Kinder in  die Zeit mitnehmen, als der Schneider so im Mittelalter arbeitete: Kleine Fenster, daher wenig Licht im Raum und deshalb musste man als Schneider in der Nähe des Fensters sitzen um gut sehen zu können und an sinnvoller Weise auf einem Tisch, damit man alles was man zum Schneidern braucht (Hier gibt es eine weitere Möglichkeit nach den verschiedenen Werkzeugen zu fragen) um sich herum hatte. Gleichzeitig konnte der Schneider mit dieser Sitzposition, sprich Schneidersitz den zu bearbeiteten Stoff (das Tuch) von links nach rechts ziehen um den Stoff zurechtzuschneiden und zu nähen.

Unsere Geschichte spielt genau zu dieser Zeit und jetzt geht es los. Ach wie fängt das Märchen noch mal an? Kinder wieder „abholen“: Es war einmal….

 

Abgerundet wird es durch: Um bei den Kindern herauszufinden, was diese unter klein und groß verstehen, kann man erst zwei Kinder bitten auf den kleinen Flügeltafeln ( verdeckt von dem Blick der anderen Kinder ) das tapfere Schneiderlein als Strichmännchen zu zeichnen. Später, passend zum Verlauf der Geschichte bittet man wieder zwei Kinder einen Riesen neben das Schneiderlein zu zeichnen (wiederum verdeckt für die anderen Kinder) Am Schluss der Vorlesestunde kann man die Flügeltafel zusammenklappen und alle Zuhörer werden über das Ergebnis verblüfft sein.  

Zur „Verdauung“ nach der reichhaltigen Märchenkost wird empfohlen.

Durch Fragestellung am Ende des Märchens zu versuchen den Zuhörern anhand von zwei Beispielen  folgende Botschaften zu vermitteln.

1.) Jeder Mensch ob groß oder klein sollte lernen immer richtig zuhören! Auch sollte man so lesen, dass man alles richtig versteht und sich nicht scheuen auch mal nachzufragen, wenn man etwas nicht gleich verstanden hat. Nicht gleich etwas annehmen oder vermuten z.B.“ 7 auf einen Streich“ gleich mit Menschen in Verbindung bringen, wenn es gar nicht so klar formuliert ist bzw. dasteht. Hätte der Riese nämlich mal das Schneiderlein gefragt, was denn mit den „Sieben auf einen Streich“ gemeint sei und der geantwortet hätte: Fliegen! hätte der Riese sich wahrscheinlich totgelacht und das Schneiderlein zerquetscht.

Das gleiche passiert dem Schneiderlein noch einmal, als die Diener des Königs den schlafenden Schneider antreffen und den Spruch auf dem Gürtel gleich auf Soldaten beziehen (zumal es ja im Moment gar keinen Krieg gab).

So entstehen Missverständnisse (Vorurteile) weil man etwas annimmt oder glaubt zu hören, was gar nicht so gemeint ist. Das kann gut ausgehen (Der Riese war beeindruckt und der König ebenfalls), aber kann auch schlecht ausgehen und man fühlt sich verletzt, weil man was anderes versteht das der andere gar nicht so gemeint hat und man ärgert sich oder ist sogar beleidigt.

2) Außerdem sollte jeder Erwachsene und jedes Kind z.B. ein Versprechen (König zum Schneider) einhalten und nicht die Gutmütigkeit des anderen ausnutzen. Denn versprochen ist versprochen!

 

Nun wünscht der Lesemann allen  Vorlesern und Ihren Zuhörern viel Freude mit diesem wunderschönen Märchen.

Ach, das hätte ich ja fast noch vergessen: Und wenn Sie nicht gestorben sind  dann leben sie noch heute.

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Tipp – Interaktives Vorlesen mit sehenden und nicht sehenden Kindern.

Auch die unterschiedlichen Dimensionen einer Übersetzung des Harry Poter Buches in die Brail-Blindenschrift ist nicht zu unterschätzen. Hierzu ein  Foto im 1:1 Vergleich.

Wir konnten die Bildquelle für dieses Foto nicht ermitteln, sind aber sicher, dass sie uns dies bei diesem sehr wichtigen Anliegen gerne nachsehen. Sollte Ihnen der Urheberrechts-Status dieses Bildes bekannt sein, so melden sie sich bitte bei uns damit wir dies hier korrigieren können.

 

 

 

Tipp – Interaktives Vorlesen mit sehenden und nicht sehenden Kindern

Meine berufliche Tätigkeit als Erzieherin und Sozialpädagogin sowohl  im Bereich der Heimerziehung als auch im Internat an einer Blindenschule liegt zwar schon etwas zurück, vielleicht sind meine Erfahrungen in diesem schwierigen Bereich als Vorleserin, dem einen oder anderen hilfreich.

Mein früheres Arbeitsgebiet führte mich zu Jugendlichen im Internatsbereich an eine Blindenschule. Hier sammelte ich ganz wesentliche und auch für mich persönlich enorm wertvolle Erfahrungen.

Ganz anders als bei den bisherigen Arbeitsgebieten,  lag es nun zuerst einmal an mir, Neues zu lernen und zu „begreifen“.

Dieses Mal lag es also erst einmal bei mir, mich als Person und Fachkraft im erzieherischen Bereich der  Thematik „ Blindheit“ adaptieren zu lernen.

Dies geschah in einer Art Crashkurs, einer Selbsterfahrung mit Unterstützung einer sogenannten Mobilitätstrainerin. Eine aufschlußreichere Erfahrung kann ich mir bis heute in diesem Zusammenhang nicht vorstellen. Mir hat es wahrlich „ die Augen geöffnet“

Die erste große Erkenntnis, die ich dort gewonnen habe war, dass für diese Jugendlichen deren Blindheit „nur“  ein fehlender Sinn unter vielen verbliebenen, wertvollen  Sinnen darstellte.

Im Internatsbereich traf ich dann auf Jugendliche im Alter von 12-17 Jahren, die abgesehen von ihrer Erblindung, mit allen liebgewonnenen, wie auch herausfordernden Facetten ihrer sehenden AlterskollegenInnen ausgestattet waren. Ganz genauso,  wie ich es von meiner bisherigen Arbeit mit Jugendlichen außerhalb ihres Elternhauses her auch kannte.

Für meine Arbeit im außerschulischen Bereich gab es kaum einen Unterschied zu den Alltagsthemen sehender Jugendlicher mit den altersentsprechenden Interessen im zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Bereich. Die eigene Blindheit stand keineswegs im Vordergrund und schien auch nicht das Problem zu sein.

In vielen interessanten Gesprächen thematisierten die Jugendlichen  ganz klar und sachlich die von ihnen regelrecht als diskriminierend empfundenen Reaktionen „ Sehender“ auf diesen fehlenden oder verlorenen Sinn des Sehens.  Diese deutlich spürbare Angst  innerhalb der Gesellschaft, hinsichtlich einer möglichen Erblindung zeichneten sie für viele Vorurteile verantwortlich. Man erkannte schnell ein gesellschaftliches Tabu.  Da gegenüber stand diese Gruppe klar denkender, reifer Jugendlicher, die aber in ihren Gefühlen genauso verletzbar waren.

Ich erkannte  in meiner Gruppe eine hohe Sensibilität, geradezu eine Neugierde  gegenüber sozialkritisch betrachteter Alltagsthemen, mit  Problemen und Sorgen, wie sie selbstverständlich auch im Leben sogenannter „Nichtbehinderter“ auftraten.

Hierzu ein Buch, das ich damals auf Wunsch der Jugendlichen vorgelesen habe:  „ Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ mit der Lebensgeschichte der Christiane F.

Noch heute freue ich mich an der Erinnerung an die ausführliche  Nachbesprechungen  und die hochinteressanten Diskussionsbeiträge.

Warum war das Vorlesen auch bei den Jugendlichen so wichtig?

Von Neuerscheinungen oder aktueller Literatur waren blinde LeserInnen damals quasi ausgeschlossen. In der Regel war man  auf einen Vorleser (entweder live oder auf Kassette ) oder auf die Umwandlung in die Tastschrift Braille angewiesen. Eine zeitaufwendige und meist kostspielige Angelegenheit.

Einen  weiteren, nicht unwesentlichen  Hinderungsgrund für einen schnellen  Zugang zur aktuellen Literatur für Blinde,  stellten  die „ internationalen  Urheberrrechte“  der Autoren und Verleger dar.

Viele Jahre forderte der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten- Verband, einen verbesserten Zugang zur Literatur. Die Weltorganisation für geistiges Eigentum, die WIPO, schloss im Jahre 2013 das sogenannte „Marrakesch Abkommen“, das dann schließlich sechs Jahre später , im Januar 2019 verabschiedet werden konnte.

Somit ist heute der Weg für einen barrierefreien, weltweiten Zugang zur Literatur und damit zu einer besseren Versorgung auch für blinde LeserInnen erreicht.

Dennoch wird das Thema Vorlesen von Kinderbüchern , besonders bei den jüngeren sehbehinderten und blinden Kindern bis heute,  kaum an Relevanz eingebüßt haben.

Übrigens:  Spezielle , sehr schön taktil illustrierte, inklusive Bücher, beispielsweise aus der Reihe „ Anderes Sehen“ sind für alle Kinder interessant und lohnenswert.

So kann auch ein sehendes Kind mit der Thematik Blindsein spielerisch vertraut gemacht werden und somit schon in seinem jungen Alter dazu beitragen, Vorurteile in der Gesellschaft abbauen zu helfen.

“Angst macht nur etwas, das man nicht kennt!”

Es grüßt dich und alle Interessierten
Anke

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